13 Jahre Kölner Beschneidungsurteil: Kinderschutz und Gleichstellung gehen uns alle an!
Berlin/Köln, 30. April 2025. Der Jahrestag des Kölner „Beschneidungsurteils“ wird am 7. Mai erneut als „Weltweiter Tag der Genitalen Selbstbestimmung“ (WWDOGA) gefeiert. Den Aufruf dieses internationalen Bündnisses unterstützen über 80 Kinder-, Menschen- und Frauenrechtsorganisationen aus 15 Ländern und fünf Kontinenten.
Das „Kölner Urteil“ hatte 2012 auch Jungen das Recht auf genitale Selbstbestimmung zugesprochen, indem es eine medizinisch nicht-indizierte Vorhautentfernung („Beschneidung“) eines Jungen als eine strafbare Körperverletzung bewertete. Auch wenn diese Einschätzung durch eine spätere Gesetzesänderung (§ 1631d BGB) relativiert wurde, die elterliche Einwilligung unter bestimmten Bedingungen erlaubt, lenkte das Urteil die Aufmerksamkeit auf eine bis dahin wenig beachtete Ungleichbehandlung im Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Kindern. Seither steht der 7. Mai weltweit symbolisch für die Selbstbestimmungsrechte aller Kinder unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und Tradition.
Der Themenschwerpunkt in diesem Jahr lautet: Genitale Selbstbestimmung und Gleichstellung.
Die diesjährige Kundgebung findet am Samstag, den 3. Mai um 16:00 Uhr in Köln auf dem Roncalliplatz statt.
Angekündigte Video- und Livebeiträge u.a.
• Agnes Conrad, DIE LINKE, MdB
• Christa Stolle, TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e. V.
• Tim Arkell – Darbon Institute (Australien)
• Victor Schiering – MOGiS e. V. – Eine Stimme für Betroffene
• David Smith – 15 Square
und Vertretungen von Organisationen aus der Schweiz, Frankreich, Australien, den USA, und Großbritannien.
Die Kundgebung wird als Live-Stream ab 15:30 Uhr auf der WWDOGA-Webseite übertragen.
Die Forderungen des WWDOGA lauten:
- Einhaltung und Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Art. 2 (Schutz vor Diskriminierung), Art. 3 (Vorrang des Kindeswohls) und Art. 24, Absatz 3 (Abschaffung schädlicher Bräuche)
- Gesetzesinitiativen weltweit, die den Schutz aller Kinder unabhängig vom Geschlecht vor nicht-therapeutischen Genitaloperationen vorsehen
- Schutz von Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen vor medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen und weiteren Eingriffen
- Sofortiger Stopp der Massenbeschneidungen von Jungen im Rahmen angeblicher HIV-Prävention in vor allem afrikanischen Ländern
- Öffentliche Forschung und Aufklärung zu den Folgen von nicht-therapeutischen Genitaloperationen an Kindern in ihren unterschiedlichen Formen und sozialen Kontexte
O-Töne
Victor Schiering, Vorsitzender MOGiS e. V. – Eine Stimme für Betroffene: „Gleichstellung ist ein Menschenrecht, dessen Umsetzung in vielen Bereichen immer wieder diskutiert wird. Nur zum Recht auf Genitale Selbstbestimmung - also dem Recht, über seine eigenen Genitalien selbst zu bestimmen – schweigen sich verantwortliche Stellen in Politik und Medien dazu aus. Jungen werden hier aus allen gängigen Kinderschutzaktionen ausgeklammert, und das tägliche akute Leid und Langzeitfolgen durch Zwangseingriffe an der Penisvorhaut („Beschneidung“) damit unsichtbar gemacht. Der WWDOGA steht dafür ein, allen Betroffenen unabhängig vom Geschlecht gemeinsam eine Plattform zu bieten: diskriminierungsfrei, interkulturell und inklusiv. Wer hört ihnen zu? Wir fordern: Kinderschutz muss wieder unteilbares Menschenrecht werden und für alle Kinder gleich gelten.“
Dr. Stefan Trapp, Vizepräsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ): „Für uns Kinder- und Jugendärzt*innen gilt: Grundsätzlich erfordert jeder irreversible Eingriff am kindlichen Körper eine Indikation und informierte Einwilligung. Alle Kinder verdienen, unabhängig vom Geschlecht und dem kulturellen oder religiösen Hintergrund ihrer Familien, den gleichen Schutz – in einem Rahmen, der ihre Würde, Kultur und Rechte achtet. Unsere ärztliche Verantwortung ist es, umfassend über Risiken und mögliche Langzeitfolgen aufzuklären, uns aber auch entschieden für den Schutz aller Kinder vor unnötigen Eingriffen stark zu machen. Anders als die Genitalverstümmelung bei Mädchen ist die 'Beschneidung' von Jungen auf elterlichen Wunsch in Deutschland zulässig. Wir appellieren an alle Eltern, sich die Tragweite dieser irreversiblen Entscheidung klar zu machen – gerade weil die Betroffenen selbst (noch) nicht in der Lage sind, vollständig informiert einzuwilligen. Eingriffe aus vorgeblich 'hygienischen' Gründen sind grundsätzlich abzulehnen.“
Kontakt und V. i. S. d. P.:
Victor Schiering
MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene
Telefon: 0177 / 72 47 897
E-Mail: presse-2025@ mogis-verein.de
Terminhinweise:
Samstag 3. Mai, 16 Uhr Köln, Roncalliplatz
Kundgebung mit Live-Stream (ab 15:30 Uhr)
Literatur:
Zwischenbericht zur Kinderrechtssituation in Deutschland - Netzwerk Kinderrechte (netzwerk-kinderrechte.de)
direkter Downloadlink:
https://netzwerk-kinderrechte.de/wp-content/uploads/2023/12/NC_ZwischenBericht-final.pdf
Abschnitt "Genitale Selbstbestimmung" (Seite 32)
„Der Schutz vor therapeutisch nicht notwendigen Genitaloperationen aller Kinder soll gesetzlich formuliert werden. Wege der Umsetzung sind in breiten gesellschaftlichen Foren zu erarbeiten (z. B. Moratorien, Zwischenschritte, Übergangsfristen), begleitet von Informationen und Sensibilisierungskampagnen.“
Offener Brief mit umfassender Quellensammlung Kinderschutz, Selbstbestimmung und Gleichstellung umsetzen: die "Beschneidungserlaubnis" § 1631d BGB abschaffen!
Weitere Weblinks:
BVKJ e.V.:
www.bvkj.de
www.kinderaerzte-im-netz.de (Gesundheitsplattform)
MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene:
https://die-betroffenen.de/
https://mogis.info/