Politik & Presse
17.06.2020 Pressemitteilung

Schulfähig? Vielleicht! - Gesund? Vielleicht! - Geimpft? Vielleicht! Coronakrise: Tausende Berliner Erstklässler ohne Eingangsschuluntersuchung (ESU)

Berlins Kinder- und Jugendärzte warnen vor den Folgen der fehlenden Eingangsschuluntersuchungen. Pressesprecher Dr. Jakob Maske:

„Die Ärzte und Ärztinnen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes werden derzeit eingesetzt für Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, wie z.B. das Verfolgen von Infektionsketten (tracing), sie fehlen daher nun u.a. bei den Eingangsschuluntersuchungen. Die ESU untersucht die geistige und körperliche Entwicklung der zur Einschulung anstehenden Kinder. Sie ist damit ein wichtiges Instrument, um die Schulreife zu erfassen. Sie ist aber auch Teil der Gesundheitsberichterstattung, sie dokumentiert alljährlich Daten zu Impfungen, Sprachentwicklung und psychosozialen Eigenschaften der Kinder des jeweiligen Jahrgangs und ermöglicht damit, z.B. verpasste Impfungen nachzuholen oder noch nicht schulreife Kinder in der Kitabetreuung verbleiben zu lassen.

Die Entscheidung, die ESU auszusetzen, ist der starken Überlastung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes geschuldet, vor der wir seit Jahren warnen. Selbst ohne Corona-Pandemie kann der ÖGD seine Aufgaben im primären Kinderschutz schon lange nicht mehr ausreichend wahrnehmen. Das Aussetzen der ESU ist der neue Höhepunkt der Krise des ÖGD. Damit verstößt der Senat gegen das Berliner Schulgesetz, das die Eingangsschuluntersuchung aus gutem Grund vorschreibt.

Ohne Eingangsschuluntersuchung fehlt insbesondere Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen die Chance, rechtzeitig kompensatorisch gefördert zu werden. Die ausgesetzte Eingangsschuluntersuchung belastet aber auch die Schulen, denn nicht- schulfähige Kinder erschweren den Unterricht erheblich. Viele von ihnen werden das erste Schuljahr nicht schaffen und müssen es wiederholen.

Wir niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte fordern den Berliner Gesundheitssenat daher auf, das Kaputtsparen des ÖGD endlich zu beenden und dafür zu sorgen, dass der ÖGD wieder seine Kernaufgaben ausführen kann, dazu gehört auch die ESU. Auch wenn es für dieses Jahr vielleicht zu spät ist, im nächsten Jahr darf sich eine solche Situation nicht wiederholen.“

Jakob Maske Landespressesprecher BVKJ Berlin