Politik & Presse
30.12.2021 Stellungnahme Köln/Berlin

Kinder in der Pandemie – die Omikron-Variante

Aktuelle Presseberichte aus Ländern wie Südafrika, England oder den USA warnen davor, dass Kinder und Jugendliche von der aktuellen Omikron-Variante in besonderem Maße betroffen wären und es zu einer erhöhten Krankheitsschwere in dieser Altersgruppe mit vermehrten Krankenhauseinweisungen kommen würde. Detaillierte Analysen allerdings relativieren diese Befürchtungen. Noch ist es zu früh für eine endgültige Bewertung, aber Erfahrungsberichte aus dem Tshwane District in Südafrika, aus London und Australien sind beruhigend. Die Erfahrung auch aus den vorherigen Pandemiewellen mit den Varianten Alpha und Delta lehrt, dass sich ein besonderes Risiko von Kindern in keiner dieser Wellen bestätigt hat. Hinzu kommt, dass Bevölkerungs- und Sozialstrukturen in Südafrika, aber auch in London oder New York nicht mit den Verhältnissen in Deutschland vergleichbar und insofern Rückschlüsse mit besonderer Vorsicht zu treffen sind.

Selbstverständlich nehmen Kinder und Jugendliche als Teil unserer Gesellschaft am Pandemiegeschehen teil und sind somit auch von der Omikron-Variante betroffen. Die Omikron-Variante ist deutlich infektiöser als die vorhergehende Delta-Variante und wird diese auch in Deutschland verdrängen. Die Erkrankungsschwere liegt nach neuen Erkenntnissen allerdings in allen Altersgruppen deutlich unter der der Delta-Variante.

Besonders betroffen werden diejenigen sein, die noch nicht geimpft, genesen bzw. geboostert sind. In diese Gruppe zählen auch die Kinder, die noch nicht geimpft werden können, d.h. die unter 5-Jährigen und die älteren, die noch nicht geimpft sind. Es ist zu erwarten, dass sie sich häufiger infizieren werden als andere Altersgruppen. Die COVID-19-Impfung ist seit August 2021 von der STIKO für die 12-17-Jährigen allgemein empfohlen, für die 5-11-Jährigen seit Dezember 2021 bei a) Vorerkrankungen, b) wenn sich im Umfeld Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden sowie c) bei individuellem Impfwunsch des Kindes und seiner Eltern oder Sorgeberechtigten.

In der Bekämpfung der Pandemie stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits die Befolgung der allgemeinbekannten Hygieneregeln (AHA-L), andererseits die Beschränkung unserer Sozialkontakte (Isolation der Infizierten, Quarantäne der Kontaktpersonen und allgemeine Lockdown-Maßnahmen) und natürlich die rasche Durchimpfung inkl. Boosterung unserer Bevölkerung. In den Schulen sollte die S3-Leitlinie – Schulen in Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Medizinisch Wissenschaftlichen Fachgesellschaften) konsequent Anwendung finden. Schon jetzt werden wieder Stimmen laut, die erneut die Schließung von Schulen als sinnvolle Maßnahme diskutieren. Die Erfahrung aus den vorangegangenen Schulschließungen hat uns die gesundheitlichen und psychosozialen Folgeprobleme der Schülergeneration sehr klar gemacht. Das Ausmaß dieser Folgeschäden ist - anders als die Erfassung von Inzidenzzahlen – noch nicht annährend absehbar.

Wir möchten daher erneut sehr deutlich klarstellen, dass Schulschließungsmaßnahmen nur die allerletzte Option in der Bekämpfung der Pandemie sein dürfen, nachdem alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind (Lockdown im betrieblichen Rahmen, im privaten Bereich und der Mobilität). Die Schule ist unbestritten auch ein Ort der Virustransmission, sie ist andererseits eine Einrichtung, in der wie an kaum einer anderen Stelle des öffentlichen Lebens durch regelmäßige Testung das Infektionsgeschehen kontrolliert werden kann. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass in der Vergangenheit die Infektionsraten der Kinder während der Schulzeiten sogar rückläufig waren, in den Ferienzeiten bzw. kurz danach dagegen angestiegen sind. D. h., die Übertragung fand eher im familiären Umfeld und im Freizeitbereich statt, wo regelmäßige Testungen nicht erfolgen und ist ein klares Argument dafür, dass Schulschließungen allenfalls nach Umsetzung strenger allgemeiner Lockdown-Maßnahmen diskutiert werden dürfen. Viel wichtiger ist die Umsetzung der klar nachvollziehbaren Hygienemaßnahmen sowie eine möglichst komplette Durchimpfung aller derjenigen, für die ein Impfangebot gemacht werden kann.

Stellungnahme im PDF-Format

Berufsverband der Kinder‐ und Jugendärzte e.V. (BVKJ)

Telefon: 0221/68909‐0 E-Mail: bvkj.buero@uminfo.de