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25.07.2022 Pressemitteilung München

Kein Fiebersaft mehr in Deutschland - Versorgung der Kleinsten unzureichend

Seit Wochen beklagen in ganz Bayern, aber auch bundesweit, Kinder- und Jugendmediziner:innen sowie Apotheken massive Lieferengpässe für fertige Ibuprofen-Fieber- und Schmerzsäfte.

„Jetzt rächt sich die Produktionsverlagerung sogenannter „unrentabler“, aber für bestimmte Patientengruppen wichtiger Arzneimittelspezifikationen, ins außereuropäische Ausland“, klagt Dr. Dominik Ewald, Vorsitzender der bayerischen Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte. „Das weiß doch jedes Kind, dass Babys und Kleinkinder keine Tabletten schlucken können!“

Kleinkinder benötigen gegen Fieber und Schmerzen Säfte oder Zäpfchen als Darreichungsform. Die Herstellung von Säften ist hygienisch aufwendiger, Abfüllung und Versand schwerer und die Haltbarkeit geringer als bei Tabletten. Das macht Kindersäfte teurer. Rabattverträge mit den gesetzlichen Krankenkassen und politische Auflagen zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, GKV-FinStG) zwingen die Hersteller:innen hingegen, ihre Arzneimittel unter europäischen Herstellungskosten abzugeben.

So hat sich die Produktion der pharmazeutischen Wirkstoffe wie auch der fertigen Arzneimittel ins billigere Ausland verlagert. China, Indien und die USA sind die weltweit größten Hersteller von Ibuprofen und Paracetamol. Nun hängen chinesische Arzneimittel seit Monaten wegen des Corona-Lockdowns in den Exporthäfen des Reiches der Mitte fest und gelangen nicht nach Europa. In den USA brach jüngst die Produktion wegen technischer Probleme zusammen. Allein davon sollen 10-15 Prozent des Weltmarktes betroffen sein, so Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes e. V. Die Hersteller in Indien produzieren nun für den Weltmarkt, kommen der Nachfrage aber kaum nach. Westliche Expert:innen kritisieren seit Jahren zudem die schlechten Produktionsbedingungen und Qualitätsstandards indischer Arzneimittel, die europäischen kaum genügen würden.

Derweil negierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Hinweise auf Lieferengpässe dieser versorgungsrelevanten Darreichungsformen für Babys und Kleinkinder. Hiesige Apotheken verarbeiten nun Ibuprofen-Tabletten aufwendig und kostenintensiver zu Fiebersäften, um der hohen Nachfrage in der aktuellen Sommer-Infektionswelle Herr zu werden.

Politiker:innen geben sich regelmäßig bei Arzneimittelengpässen erschrocken und versprechen, die Produktion wieder ins Inland zu holen, aber passieren tut nichts. „Wir lernen nichts aus früheren Lieferkettenengpässen. Die Politik versäumt es immer wieder in Deutschland und Europa eine eigene Produktion aufzubauen!“, resümiert Dr. Hubmann.

Wer darunter leidet, sind mal wieder die Kleinsten in unserem Gesundheitssystem. Die Patient:innen, die noch keine Tabletten schlucken können. Und jetzt werden auch noch die Zäpfchen knapp, berichtet Dr. Ewald.

Dr. med. Dominik A. Ewald Kinder- und Jugendarzt BVKJ Bayern Landesvorsitzender u. Landespressesprecher Geschäftsstelle Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Bayern

Telefon: 0049-171-7588338 E-Mail: dominik.ewald@uminfo.de