Politik & Presse
16.09.2020 Pressemitteilung Köln

Kinder- und Jugendärzte wehren sich gegen minimale Honorarerhöhung

"1,25 Prozent mehr Honorar sind eine verkappte Minusrunde, die wir nicht akzeptieren werden! Wir fordern Respekt für unsere Arbeit und angemessene Honorierung!"

BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach

Gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) beschlossen, den Orientierungswert ab 1. Januar nur um 1,25 Prozent (aufgerundet 500 Millionen Euro) anzupassen.

BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach fand für diese minimale Honorarerhöhung deutliche Worte: ,,Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht jedes niedergelassenen Arztes. Bereits in den letzten Jahren sind unsere Honorare nur minimal gestiegen, während die Bruttolöhne- und gehälter der Menschen in Deutschland im Durchschnitt jährlich um mehr als vier Prozent stiegen, speiste man uns mit Honorarzuwächsen um die 1,5 Prozent ab. Mit den nun beschlossenen 1,25 Prozent bleibt uns selbst ein nachträglicher Inflationsausgleich versagt. Durch die beschlossene Mini-Erhöhung von 1,25 Prozent verlieren wir real Geld und das werden wir nicht stillschweigend hinnehmen.

Wir befinden uns noch mitten in der Corona-Krise. In den vergangenen Monaten haben wir niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen und besonders wir Pädiater die Hauptlast der Pandemie getragen. Sechs von sieben Covid-19-Patienten wurden ambulant behandelt, Kinder fast ausschließlich. Unserem Einsatz ist zu verdanken, dass das Gesundheitssystem nicht kollabiert ist. Um diese Aufgabe zu bewältigen und gleichzeitig auch alle anderen Patienten sicher zu versorgen, haben wir unsere Praxisabläufe grundlegend umstrukturiert. Diese Umstrukturierungen waren und sind sehr aufwändig und kostentreibend. Dazu kommen steigende Mieten, Energiepreise, höhere Preise für medizinisches Gerät, Praxisbedarf und die steigenden Löhne unserer Mitarbeiterinnen, die uns gerade jetzt, in der Krise so engagiert unterstützen. Alle Kosten unserer Praxis müssen wir allein mit unseren Honoraren erwirtschaften. Mit 1,25 Prozent mehr Honorar können wir die gestiegenen Kosten nicht auffangen. 1,25 Prozent mehr Honorar gefährdet akut die wirtschaftliche Existenz unserer Praxen und damit auch die zukünftige flächendeckende und wohnortnahe Versorgung unserer Patienten. Zumal wir derzeit vor der Riesenaufgabe stehen, die ambulante Versorgung zu digitalisieren.

Honorarerhöhung und Digitalisierungsstrukturpauschale

Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung erfordert immer aufwendigere IT- und Datensicherheitsmaßnahmen. Dies kostet je nach Größe und Modernisierungsstand der Praxis zwischen 5.000 bis 20.000 Euro.
Durch die Digitalisierung sparen die Krankenkassen dauerhaft erhebliche Kosten ein, vor allem in der Verwaltung. Auch die Patienten profitieren von der Digitalisierung, beispielsweise bei der telemedizinischen Versorgung in ländlichen Regionen oder neuen Online-Therapieansätzen.- Wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zahlen dagegen drauf.
Die Krankenkassen müssen uns eine Digitalisierungs-lnfrastruktur-Pauschale geben, die nicht nur die Technik, sondern den gesamten enormen Aufwand in der Praxis inklusive Schulungen der Mitarbeiterinnen und Prozessanpassungen honoriert. Eine Erstattung der Kosten je Einzelmaßnahme wie bei der Tl oder eine Technikpauschale reicht uns nicht. Zusätzlich brauchen wir eine Honorarerhöhung, die diesen Namen verdient, anderenfalls werden vor allem die kinder- und jugendärztlichen Versorgungsstrukturen in den schwierigen Sozialräumen der Großstädte und auf dem Land sterben. Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln wehren. Wir werden es nicht hinnehmen, dass die medizinische Versorgung unserer Patienten gefährdet wird; und wir werden es nicht hinnehmen, dass die Achtung vor unserem Berufsstand und vor unserer Leistung derart mit Füßen getreten wird, während die Krankenkassen gleichzeitig durch die Digitalisierung Millionen Euro einsparen und fragwürdige Satzungsleistungen und Imagekampagnen finanzieren.

Bisher versorgen die meisten Kolleginnen und Kollegen ihre Patienten medizinisch bestmöglich, mit anderen Worten: Oft weit über den Leistungsumfang hinaus, den die gesetzlichen Krankenkassen erstatten. Möglich ist dies, indem sie mit den Honoraren der Privatpatienten Leistungen für Kassenpatienten quer-finanzieren. Wenn die Kassen nun unsere ärztliche Sorgfalt dermaßen fahrlässig und rücksichtslos abwerten, sehen wir uns gezwungen, künftig nur noch „Leistungen nach Vorschrift der Krankenkassen" zu erbringen. Vor allem Beratungsgespräche mit Eltern, die wir jetzt oft sehr ausführlich im Sinne der „sprechenden Medizin" gestalten, werden deutlich knapper ausfallen. "

Dr. med. Thomas Fischbach Präsident

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